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tl;dr Beim Umgang mit neuen Piraten läuft vieles schief. Ginge es auch besser?

Der Moment, in dem ein Mensch in eine Partei eintritt, ist ein Moment voller Entschluss- und Schaffenskraft. Endlich (wieder) mitmischen, endlich etwas ändern! Zugleich ist es auch der Moment, in dem Partei und Neumitglied einander am wenigsten kennen. In meinen ersten Worten bei meinem ersten Crewtreffen: „Ich kenne euch nicht, ihr kennt mich nicht.“

In einem Moment mit vielen Unbekannten kann viel gelingen oder viel misslingen. Bei mir ist viel misslungen:
Mein Aufnahmeantrag (Papier, Briefpost) ging wohl unter. Nach über zwei Monaten mitsamt diverser Nachfragen bis hin zu Mails mit angehängten Fotos des Antrags wurde ich aufgenommen. Na endlich, mitmachen und mitbestimmen!

Äh, also, theoretisch. Es folgte beinahe nichts. Aber Wartezeiten werden ja auch angekündigt. Nach zwei weiteren Monaten gab es eine Veranstaltung: Akkreditierung fürs Bezirksliquid! Auf bald folgende Nachfragen zu Landes- und Bundesliquid: eine beschwichtigende Antwort, eine Nichtantwort. Und selbst Akkreditierung ist ungleich Einführung.

Aber es gibt ja noch Crewtreffen! Äh, also: Erstmal eine geeignete Crew finden in der langen Liste. Meist verrauchte Orte halbwegs miteinander befreundeter Menschen. Nette Menschen, meist aufgeschlossen, unterschiedlich politisiert. Aber verraucht. Inklusion, my ass! „Wäre schön, wenn du wieder kommst, ja, danke auch, tschüss…“

Aber die Parteitage! Äh, also: Nimm dir ohne vernünftige Zugänge und ohne Leute zu kennen einfach mal ein ganzes Wochenende, fahre ggf. nach XYZ und sieh zu, wie du klar kommst. Auf dieses Spektakel habe ich dann schon verzichtet. Es gibt dankbarere und sogar sinnvollere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung.

Soweit ein unvollständiger Einblick in das, was alles misslingen kann. Was aber könnten wir besser machen?

Erreichbarkeit: Wir brauchen Lotsen! Wer Mitglied werden will, muss direkt danach eine persönliche Ansprechpartner*in genannt bekommen. „Was funktioniert wie? Wohin kann ich mich weswegen wenden? Ist das üblich so? Kannst du mir helfen, wenn ich zu dieser oder jener größeren Versammlung erscheine?“ Das sind nur ein paar der Fragen, die Piraten-Wiki usw. nicht wirklich beantworten. Und die anderen Piraten können das ja alles schon…

Einbindung: Wir brauchen Treffen für Neulinge! Niedrigstschwellig, maximal barrierefrei, speziell für Neulinge. Regelmäßig, mit Einladung und Nachbereitung. Kontakte knüpfen, voneinander lernen, miteinander üben. Und dabei helfen, die Partei besser zu machen. Wer sollte der Partei besser Rückmeldung zu allerlei Aspekten nach innen und außen geben als engagierte Neulinge?

Aktivierung: Wer erstmal ein paar Kommunikationskanäle nutzt, erfährt von verschiedenen Treffen und Aktionen. Nur steht kaum dabei, was es genau ist, an wen es sich richtet, wie es geht, was dafür erforderlich ist und wie lange es etwa dauert. Wäre vielleicht auch zu viel, falls es den meisten Piraten sowieso klar ist. Warum aber nicht stets eine Einführung für Neulinge oder Reaktivierte? „Neulinge kommen eine halbe Stunde früher. Bringt bitte dies, das und jenes mit. Wir erklären euch dann alles.“

Dokumentation: Piraten-Wiki usw. sind selbst für netzaffine Neulinge erstmal Expertensysteme. Sie sind inkonsistent, unübersichtlich und unvollständig. Wer alles weiß, findet jedes Detail. Wer noch nichts weiß, findet allenfalls Bruchstücke. Es ist als drückten wir Menschen, die Freunde suchen, ein Telefonbuch in die Hand.
Wir brauchen einen redaktionell sorgfältig gepflegten, schlüssigen und eindeutigen Leitfaden für Neulinge. Einen orangenen Faden!

Bei alledem habe ich mich noch nicht mal zur Kommunikations- und Fehlerkultur, zu Gates und Schützengräben geäußert. Denkt es euch dazu, lest alles da oben vielleicht noch einmal und fragt euch dann:

Wie machen wir Interessierte zu aktiven Piraten?