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tl;dr Wir benötigen einen konstruktiven Umgang mit Fehlgriffen und Entgleisungen. Awareness-Teams auch außerhalb von Versammlungen könnten dabei helfen.

Die Piratenpartei vereint zwei spannende Aspekte: Hohe Sensibilität für als unangemessen empfundene Äußerungen einerseits, Freude an der Äußerung als scharfer Waffe andererseits. Bei sehr unterschiedlicher politischer Sozialisation führt das immer wieder zu heftigen Konflikten.
Bisher werden diese Konflikte konventionell ausgetragen, mit allen Hässlichkeiten die zwischenmenschliche Kommunikation ermöglicht. Gelöst werden sie dabei nur selten.

Wo unterschiedliche politische Sozialisationen aufeinander prallen, ist Konfliktlösung im Sinne von Einigung nicht zu erwarten. Es kann nur um konstruktiven Umgang mit Vielfalt gehen.
Dieser Umgang wird erschwert, wenn der Austausch über eine Äußerung mit jeder Kenntnisnahme durch eine weitere Person wieder von vorne beginnt; mit wachsendem Stress für die vorher bereits Beteiligten. Zudem vermengen sich dabei Sach- und Beziehungsebene auf destruktivste Weise zu einem undurchdringlichen Geflecht aus Meinungen und Animositäten.
Zugleich gibt es aber das verständliche Bedürfnis, zumindest Entgleisungen etwas entgegenzusetzen. Eine Vergewisserung nach innen und nach außen, wie wir mit uns und anderen umgehen wollen, und inwiefern dieser Umgang verletzt wurde.

Ziel kann also nicht Einigung in der Sache sein, sondern nur und allerdings Respekt vor einander und anderen.

Respekt ist auch eine Frage von Symbolen, im Alltag wie in der Politik. Symbole, die für etwas stehen, was einer Gemeinschaft wie auch Einzelnen wichtig ist.
Umgekehrt stehen Fehlgriffe und Entgleisungen für die Verletzung dessen, was einer Gemeinschaft oder Einzelnen wichtig ist. Sie sind negative Symbole.
Konstruktiver Umgang mit einem Fehlgriff ist es dann, dem negativen Symbol das positive Symbol gegenüber zu stellen; und zwar im doppelten Sinne: Durch Hinweis auf den Fehlgriff, aber auch durch Wahrung des Respekts bei diesem Hinweis.

Um einem negativen Symbol ein positives Symbol gegenüber zu stellen, bedarf es keiner Vielzahl von Erwiderungen. Es bedarf auch keiner bestimmten Person dazu. Es ist damit einer Institutionalisierung zugänglich.

Die Piratenpartei arbeitet bereits mit dem Begriff der Awareness, mit Awareness-Teams und Awareness-Karten. Bisher beschränkt sich dies aber wohl auf größere Vor-Ort-Versammlungen. Der Großteil der Kommunikation der Partei findet aber drumherum statt. Hier gibt es anscheinend nahezu keine Awareness-Strukturen. Hier treten aber die eingangs genannten Probleme auf, die sich zu einer Spirale der Respektlosigkeit verbinden. Hier fehlen Awareness-Teams.

Wie wäre es denn, wenn es Gruppen von Piraten unterschiedlicher Hintergründe gäbe, die auch hier Zeichen setzen und Respekt wieder herstellen könnten? Wie viel Entlastung brächte das den Beteiligten aller Seiten? Wie viel Klarheit nach innen wie nach außen gewännen wir dadurch? Wie transparent und zugleich politikfähig wirkten wir dann endlich?

Ich kenne zu wenig Details, um zu wissen, wie wir dieser Idee zur Umsetzung verhelfen könnten. Ich weiß nicht, was ginge und was nicht. Doch ich spüre: Wir müssen Wege zu institutionalisierter Awareness in unserem politischen Alltag finden.